Erstes StaRUG-Verfahren in Schleswig-Holstein – ein Restrukturierungsfall im Gesundheitswesen

20. Februar 2023

Das erste abgeschlossene gerichtliche Verfahren im Rahmen des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) in Schleswig-Holstein ist ein Fall aus dem Gesundheitswesen. Das zeigt, dass das StaRUG hervorragende Möglichkeiten bietet, medizinische Leistungserbringer in scheinbar ausweglosen Lagen zu restrukturieren und regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten.

Was war geschehen?

Eine kleine Gruppe medizinischer Versorgungszentren (MVZ) war drohend zahlungsunfähig und überschuldet; zum einen wegen hoher streitiger Rückzahlungsforderungen der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigung (KV), zum anderen wegen abnehmenden Patientenzahlen und Erlösen. Ein externer ärztlicher Investor war bereit, die MVZ in seine Gruppe zu übernehmen, falls die hohen Drohverbindlichkeiten beseitigt werden könnten. Es gab also positive Fortführungsprognosen, aber nur bei Bereinigung der Passivseite -eine gute Voraussetzung für StaRUG-Verfahren.

Wie sahen die Restrukturierungspläne aus?

Vorrangiges Ziel des Plans unter der Beratung von Taylor Wessing und PUKE DRESEN MALL war es, die Drohverbindlichkeiten aus den streitigen Gerichtsverfahren zu regeln, um den Weg freizumachen für eine operative Sanierung im Verbund des Investors. Deshalb wurden die Krankenkassen und die KV als Restrukturierungsgläubiger einer gemeinsamen Gruppe zugeordnet. Auch durch einen Besserstellungsbeitrag des Investors konnte ihnen eine ordentliche Quote angeboten werden im Vergleich zum Szenario einer Insolvenz mit 0%-Quote. Gesellschafter und Nachranggläubiger sollten vollständig verzichten, weitere Gläubiger waren an dem Verfahren nicht beteiligt

Was ist herausgekommen?

Die Krankenkassen und die KV konnten davon überzeugt werden, dass sie bei Ablehnung der Pläne gar nichts erhalten würden, weil die MVZ unmittelbar Insolvenz hätte anmelden müssen. Die Kosten der Insolvenzverfahren hätten die verfügbaren Mittel komplett aufgezehrt. Also stimmten sie den Restrukturierungsplänen der MVZ-Gesellschaften mit 100% bzw. 99% zu. Erfolgsfaktoren waren vor allem die klare und transparente Kommunikation mit den Krankenkassen und der KV sowie der persönliche Vermittlungs-Einsatz des Restrukturierungsbeauftragten. Der Investor übernimmt die MVZ-Gesellschaften vollständig. An allen Standorten kann der Praxisbetrieb fortgesetzt werden. Die Arbeitsplätze und die regionale medizinische Versorgung bleiben erhalten.

Berater MVZ-Gruppe

Taylor Wessing (Hamburg) Dr. Martin Heidrich, Tobias Rhode, Rebecca Gabriel
PUKE DRESEN MALL (Hamburg) Dr. Stephan Puke, Gunnar Dresen
STEFFEN – Medizinrecht Dr. Ulrich Steffen

Restrukturierungsbeauftragter

Münzel & Böhm (Hamburg): Dr. Matthias Wolgast